„Zum ersten Mal in meinem Bänker-Leben dachte ich daran, alles hinzuwerfen, so frustriert war ich über das BGH-Urteil“, sagte vor kurzem ein Bankvorstand in einem Entscheider-Forum. Doch halt: im zweiten Blick gibt es riesige (!) Chancen darin. Danke, Bundesgerichtshof!
„Bitte stimmen Sie unserer Preiserhöhung zu, oder wir müssen Ihr Girokonto leider kündigen.
Mit freundlichen Grüßen, Ihre Bank.
So lautet die zugespitzte Formel aus dem aktuellen Urteil, das in der deutschen Bankbranche wie eine Bombe eingeschlagen ist. Für meine Leser in Österreich, der Schweiz und Südtirol in zwei Sätzen erklärt: Banken in Deutschland müssen bei Preisänderungen von laufenden Girokonto- und Depotentgelten nun die aktive Zustimmung des Kunden einholen. Einen Brief zu verschicken und nach zwei Monaten das Schweigen als Zustimmung zu werten, reicht nicht mehr. Aber das kennen unsere Nachbarländer ja schon (so ähnlich).
Ist es ein Weltuntergang? Nein, aber zunächst ein nerviges, zeitraubendes Übel. Für Online-Kunden braucht es jetzt schnell digitale Lösungen, damit der Kunde mit einem Klick solchen Änderungen zustimmen kann.
Das Hauptproblem von Regionalbanken: Wie kann man die Kundenzustimmung bei 40-60 Prozent der Kunden einholen, die auf digitalem Wege nicht erreichbar sind oder nicht reagieren? Man muss sie anderweitig ansprechen: telefonisch, postalisch, persönlich. Das kostet Zeit (=wertvolle Vertriebsressource), Geld und Nerven.
Klar ist: in fast jeder Bank wird die Gestaltung neuer, innovative Kontomodelle
zeitnah als Projekt gestartet werden (müssen)!
Nur so beendet man das Dauer-Risiko von Kundenrückforderungen aufgrund der 3-jährigen Verjährungsfrist.
Eine Katastrophe? Ein Skandal? Nein, zunächst mal ist das BGH-Urteil eine riesige Chance!
Hier stecken die großen Chancen und Konsequenzen für eine Regionalbank:
Das Bedarfsfeld Zahlungsverkehr stärker in den Fokus rücken. Die Zahlungsverkehrs-Einnahmen waren und sind sind von höchster Bedeutung. Bisher hatte der Zahlungsverkehr vertrieblich jedoch eine untergeordnete Rolle, sowohl im Privat- als auch im Firmenkundengeschäft (Zeitanteil im persönlichen Beratungsgespräch: max. 5-10 Prozent). Es lief alles und keiner sprach darüber. Die Zahlungsverkehrs-Einnahmen waren und sind jedoch von höchster Bedeutung. Das BGH-Urteil erfordert dafür jetzt mehr Vertriebszeit. Kunden werden verstehen, was die regionale Bank alles kann und bietet. Das wird Kunden binden! Und die Bank wird feststellen, welche Ertragschancen hier noch brachliegen!
Preise mutig(er) gestalten. Für kleinere Preisanpassungen von z.B. 1-2 Euro pro Monat lohnt sich der (Projekt- und Vertriebs-)Aufwand nicht mehr. Künftig wird in der Preispolitik bei Erhöhungen „geklotzt, nicht gekleckert“. Denn Banken können solche aufwändigen Veränderungen nicht jährlich neu angehen. Die Mehreinnahmen freuen die G+V. Meine Erfahrung aus vielen Kontomodell-Projekten: meist sind Banken nicht mutig genug, wenn sie die künftige Preisgestaltung diskutieren. Das BGH-Urteil wird diesen Mut (zwangsweise) befeuern.
Innovative, kundenorientierte Mehrwert-Angebote schaffen. Wer mit platten Girokonto-Preiserhöhungen größerer Art um die Ecke kommt, wird in zu vielen Fällen Argumentationsschwierigkeiten oder gar Ärger bei den Kunden bekommen. Warum soll ein Kunde künftig 4-10 Euro pro Monat mehr bezahlen, wenn er keinen zusätzlichen Nutzen oder Mehrwert erkennt? Die große Chance besteht darin, jetzt neue, innovative Angebote und Kontomodelle zu entwickeln, die aus Kundensicht einen relevanten Bedarf befriedigen. Mut, Kreativität und Unternehmertum sind gefragt und werden die regionale Bank spürbar vom Wettbewerb differenzieren! Wie so etwas aussehen könnte, erfahren Sie auf Seite 16-19 des aktuellen Entscheider-Impuls Nr. 6 „Die blutleere Bank“, den Sie hier kostenlos downloaden können: https://www.thaidigsmann.de/entscheiderimpulse. Eine innovative und ertragreiche Idee daraus ist ein bezahltes Betreuungsangebot "Mein Finanzkümmerer", das Sie sich HIER genauer ansehen können.
Mehrwert der regionalen Bank in Wahrnehmung bringen. Viele Vorteile einer regionalen Bank sind aus Kundensicht selbstverständlich. Weil kaum darüber gesprochen wird. Bildlich gesprochen: in der Grundgebühr von z.B. 12 Euro p.M. stecken jeweils 1-2 Euro für
a. eine kompetente Beratung mit einem vertrauensvollen Gesprächspartner b. den persönlichen Service: vor Ort und am Telefon c. die digitalen Angebote/Features d. die jederzeitige Sicherheit Ihres Geldes e. die vielen regionalen Arbeitsplätze f. die Ausbildungsplätze junger Menschen g. die regional bezahlten Steuern h. die Förderung der Region und der Vereine i. die bankfremden, nicht beeinflussbaren Zahlungsverkehrs-Kosten usw.
Lieber Kunde: was davon sollen wir streichen, falls Sie ein günstigeres Konto wünschen?
Reden Sie über die Vorteile der eigenen Bank/Sparkasse. Mit den Kunden und mit den eigenen Mitarbeitern.
5. Mehrwert "Berater und Beratung". Die Zukunftsfähigkeit einer regionalen Genossenschaftsbank oder Sparkasse hängt maßgeblich davon ab, ob Sie den Erfolgsfaktor Mensch, d.h. ein „vertrauensvoller persönlicher Ansprechpartner“ als Mehrwert in die Kundenwahrnehmung bringt. Mit Mitarbeitern, die voller Stolz und Selbstbewusstsein die eigene Beratungs- und Serviceleistung als großen Mehrwert dem Kunden kommuniziert bekommen. Wer als Bank in der Führung und Personalentwicklung hier ansetzt, hat den größten Hebel für Kundenbindung und Preisspielräume in der Hand. Mehr dazu hier: Mercedes sein – aber sich als Opel fühlen. Vom mangelnden Selbstbewusstsein regionaler Banken.
Das BGH-Urteil zwingt Regionalbanken, noch viel stärker über genau diese 5 Punkte nachzudenken. Schlimm? Nein. Nur etwas Arbeit. Bringt aber viele Chancen und einzigartige Perspektiven für die Zukunftsfähigkeit Ihrer Regionalbank!
Viele Informationen zum Thema finden Sie unter www.thaidigsmann.de/kontomodelle. Gerne unterstütze ich Sie mit meiner langjährigen Erfahrung in Ihrem Projektvorhaben "innovative, ertragreiche, neue Kontomodelle"
Zum Abschluss noch 3 wertvolle Veranstaltungstipps:
1. Sie wollen als Vertriebsführungskraft mit Ihrer Mannschaft wieder/weiter durchstarten? Worauf es jetzt ankommt, erfahren Sie am Mittwoch 23.6. von 11.30-12.30 Uhr.
Alle Infos und Anmeldung unter:
2. Sie beschäftigt das Thema „wie sehen innovative Kontomodelle nach dem BGH-Urteil aus?" Prof. Dr. Demiri und ich zeigen Ihnen am Donnerstag 15. Juli und alternativ am Dienstag 21.09. jeweils von 10.30-12.00 Uhr Ideen und Lösungsansätze auf.
Das Webinar ist kostenlos. Anmeldung formlos per Mail an ulrich@thaidigsmann.de oder unter
3. Mein beliebtes „Entscheider-Forum“ (schon weit über 100 Vorstandsteilnehmer) findet wieder statt. Raus aus Ihrem Büro, rein in einen inspirierenden Austausch. Am 13.7. in München, am 16.7. in Schwäbisch Hall, am 14.9. in Hannover, am 15.9. in Düsseldorf, am 28.9. in Bozen (Südtirol), am 12.10. in Stuttgart.
Infos, Teilnehmerstimmen und Anmeldung unter
Ich freue mich auf unsere nächste persönliche Begegnung.
Es grüßt Sie herzlich
Ihr Ulrich Thaidigsmann
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