Negativzins als Kommunikations-GAU: wenn der Alltag im Kundengeschäft das Management überholt!
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Negativzins als Kommunikations-GAU: wenn der Alltag im Kundengeschäft das Management überholt!

Alle Bankmanager diskutieren seit Wochen: "Kommen Negativzinsen im Privatkundengeschäft?" Gleichzeitig werden im Vertriebsalltag deren Mitarbeiter bereits täglich mit dem Thema konfrontiert und sind häufig überfordert. 3 Praxisbeispiele aus den letzten Tagen zeigen, wie dringend der (kommunikative) Handlungsbedarf ist. Und welch handwerkliche Fehler gemacht werden.

Jede Woche schreibt die BILD-Zeitung etwas über die Folgen der Zinsentwicklung. Mit einer Reichweite von 8,6 Millionen Lesern und monatlich über 25 Millionen Besuchern auf www.bild.de prägt das Blatt weiterhin die öffentliche Meinung in Deutschland. Zuletzt erschien vor einigen Tagen eine kleine bayerische Raiffeisenbank mit dem Titel „Bei IHM zahlen die Kunden schon fürs Sparen.“ Gemeint war der abgebildete Bankvorstand. Die BILD-Zeitung ist hier nur symbolisch genannt:

Die Diskussion um „Negativzinsen“ ist in aller Munde. Die Kunden konfrontieren täglich die Bankmitarbeiter mit ihren Fragen, Sorgen und Überlegungen. Und die Bankmanager? Lassen Ihre Kollegen damit weitgehend im Regen stehen.

Mehrere Erlebnisse der letzten Tage haben dieses Gefühl bei mir ausgelöst. 3 Praxisbeispiele:

Fall 1:

Eine Bekannte berichtete mir, Sie wäre vom Kunden-Service-Center Ihrer Sparkasse zum Beratungstermin eingeladen worden, weil sie doch „einiges Geld auf Ihrem Girokonto liegen hätte“. Dem Berater erklärte sie dann, dass sie „kein Risiko bei ihrer Geldanlage“ eingehen möchte. Worauf der Berater ziemlich rasch antwortete: „dann kann ich Ihnen aktuell auch nichts Interessantes anbieten“. Auf die Kundennachfrage, warum sie dann zum Gespräch eingeladen wurde, kam nur ein „das müssen Sie unsere Chefs fragen“.

Fall 2:

Ein Kollege, der als Berater und Trainer Genossenschaftsbanken im Vertrieb unterstützt, berichtete mir von seinen „best-of-Erlebnissen“ mit Beratern und Kunden.

Typische Kundenaussagen:

  • „Wenn ihr negative Zinsen bringt, löse ich alles auf!“

  • „Mein Mann wurde wg. seines Firmenkontos von der Sparkasse angeschrieben. Die führen negative Zinsen ein. Kommt das bei euch in der VR-Bank auch?“

  • „Ich möchte gern für jedes Kind ein neues Sparbuch eröffnen ... wenn Minuszinsen wirklich kommen, will ich dahin mein Geld umbuchen.“

Häufige Antworten von Beratern, Servicekräften und KSC-Mitarbeitern:

  • "Bei uns kommen keine negativen Zinsen" (Anmerkung: Sicher? Achtung: Gefahr von späterem Vertrauensverlust)

  • „Dazu habe ich noch gar keine Infos" (Botschaft: ich habe keine Ahnung und Chefs, die mich alleine lassen)

  • "Das Thema trifft Sie nicht, das geht nur die großen Kunden was an! (Botschaft: Sie sind ein kleines Licht für uns)

Fall 3:

Ein freiberuflicher Netzwerkpartner wurde als Kunde von seiner Sparkasse angeschrieben. Mit einem Serienbrief, unterschrieben mit Faksimile von seinem Gewerbekundenberater.


Hier ein Original-Ausschnitt des Sparkassen-Schreibens:

Der Kollege ist weit entfernt davon, 2,5 Mio. € auf dem Girokonto „herumliegen“ zu haben.


Frage an meine Leser: muss der Kunde jetzt bezahlen, wenn Sie diesen Brief lesen? Und wenn ja, wofür? Antwort: Keine Ahnung!!


Was war die Folge beim Kunden: Unsicherheit, Wut, Austausch mit anderen Unternehmern. Erkenntnis: alle Firmen- und Gewerbekunden haben den gleichen Brief bekommen. Ohne Gespräch, ohne Erläuterung. Auf die schriftliche Nachfrage beim Gewerbekundenberater, wie das Schreiben zu verstehen sei, kam eine Antwort nach sage und schreibe einer Woche! Vermutlich hatte keiner daran gedacht, dass ein Kunde mal nachfragen könnte. Bei einem befreundeten Unternehmer kam als Antwort zurück: „Ihr Firmenkundenbetreuer ist aktuell 2 Wochen in Urlaub und meldet sich dann.“ Hä? Geht’s noch?

Die Folge: noch mehr Wut und Unverständnis im gesamten Unternehmerkreis. Nicht wegen der Botschaft „Verwahrentgelt“, sondern wegen der Art und Weise der Kommunikation.

So wird man ganz einfach zum negativen Gesprächsgegenstand bei seinen Kunden. Und der Eindruck verfestigte sich: dilettantischer kann man „Kommunikation“ nicht betreiben.

Was ist zu tun? Drei Schritte sind wichtig:


  1. Beschäftigen Sie sich im Management systematisch (!) mit der Frage „Verwahrentgelte ja/nein/nur wenn…?“ Denn das Thema ist sehr komplex, hat viele rechtliche, technische, vertriebliche, kommunikative und wirtschaftliche Aspekte. Dazu braucht es das notwendige interne und externe Know-How am Tisch. Gerne unterstütze ich Ihr Haus dabei. Spätestens, wenn Ihr regionaler Wettbewerb Verwahrentgelte in breitem Stil einführt, müssen Sie kurzfristig reaktionsfähig aufgestellt sein.

  2. Machen Sie umgehend alle Ihre Mitarbeiter mit Kundenkontakt fit für diese Gespräche. Was sollen Kollegen auf obige Kundennachfragen sagen, welche Argumente und Einwände sind rhetorisch verankert"? Sorgen Sie zeitnah für Sicherheit, Orientierung, Mitarbeiter-Kompetenz und die Verbreitung einer „einheitlichen Hausmeinung“. Vertrieblich wie kommunikativ.

  3. Richten Sie Ihre Vertriebs- und Ihre Kommunikationsstrategie neu aus, sowohl kurz- als auch mittelfristig. Diese neuen Zeiten brauchen neues Denken und Handeln, im Management wie bei den Mitarbeitern. Einige Vorschläge finden Sie in meinem Blog-Beitrag 6 logische Bankmanagement-Konsequenzen aufgrund der Zinsentwicklung. Zusätzlich ist es wichtig, die Marktmitarbeiter gezielt zu unterstützen.


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Es grüßt Sie herzlich

Ihr Ulrich Thaidigsmann

www.thaidigsmann.de

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