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Der Vorstand räumt das Kaffee-Geschirr weg - wie wirkt das auf die G+V?

Manche Dinge erlebt man ganz selten, aber dann plötzlich an zwei Tagen hintereinander. Man fragt sich zunächst, was das soll. Und denkt dann: so wird Kultur und G+V geprägt!


Mein Job als selbständiger Unternehmensberater ist so facetten- und lehrreich, dass man nach jedem Arbeitstag mehrere Newsletter über seine Erlebnisse schreiben könnte. Diesen Montag und Dienstag durfte ich bei zwei Regionalbanken erstmalig zu Gast sein, um gemeinsam mit dem Vorstand über Zukunftsfragen nachzudenken. Beide Banken haben eine Bilanzsumme von knapp 2,5 Milliarden Euro und damit mehrere hundert Mitarbeitern. Also für eine Regionalbank kein ganz kleines Institut.


Spannend: an beiden Tagen holte der Vorstand selbst den Kaffee und räumte am Ende das ganze Geschirr wieder in die Spülmaschine! Obwohl andere Mitarbeiter direkt in der Nähe waren.


Hat so ein Vorstand nichts Besseres zu tun? Nein! Denn er macht Kulturarbeit! Und stärkt seine G+V!

Doch der Reihe nach erzählt. Hier am Beispiel der ersten Bank vom Montag.


Als der Vorstandsvorsitzende und der Vertriebsvorstand nach einem Vor-Termin aus dem Besprechungsraum kamen um mich zu begrüßen, gab es die obligatorische Frage nach einem Kaffee. Mit Erstaunen stellte ich dann fest, dass der eine Vorstand begann, das benutzte Geschirr von deren Vortermin wegzuräumen, während der andere sich selbst im „Vorstandsküchenbereich“ um meinen Kaffee kümmerte. Zwei Kolleginnen, vermutlich Vorstandsassistentinnen oder Sekretärinnen, saßen nur zwei Meter weiter und arbeiteten seelenruhig an ihren Themen weiter.


Neugierig wie ich bin wollte ich wissen, ob das normal ist in dieser Bank, dass der Vorstand sich um Kaffee und Geschirr selbst kümmert. Die Antwort: ja, in unserer Bank räumt jeder (!) sein Zeugs nach seinen Besprechungsterminen selbst wieder weg, so dass die Nächsten alles sauber vorfinden. Selbst der Aufsichtsrat habe sich in seinen Sitzungen diesem Verhalten inzwischen angeschlossen!


Bevor ich meinen Gedanken „ganz schön teurer Prozess, wenn der Vorstand Tassen in die Spülmaschine räumt“ überhaupt zu Ende denken konnte, kam des Rätsels Lösung. O-Ton des Vertriebsvorstands: Durch diese Vorbildfunktion prägen wir nicht nur unsere Kultur. Wir haben dadurch die unzähligen Mitarbeiter-Forderungen nach ich brauche hier noch eine Assistentin und da noch einen Zuarbeiter wegbekommen. Jeder weiß, dass wir uns schlank aufstellen müssen und dass wir durch Nutzung der natürlichen Fluktuation versuchen, sukzessive weitere Personalkapazitäten abzubauen.“


Bingo! Der „jeder-bringt-sein-Geschirr-selbst-weg-Prozess“ mag beim Vorstand zwar ein teurer sein, er hat durch sein kulturelles Signal aber eine enorm positive Wirkung auf die Bank-G+V!


Was mir dabei extrem wichtig erscheint: reden Sie darüber, warum Sie Dinge so machen, wie Sie sie machen. Neben der Vorbildfunktion bringen erst die Erklärung und die Hintergrund-Erläuterungen die kulturelle und betriebswirtschaftliche Wirkung.

Eine Frage zum Nachdenken für meine Newsletter-Leser:

Wo haben Sie als Vorstand oder Führungskraft die letzten 6 Monate in Ihrem Arbeitsumfeld signifikante Veränderungen vorgenommen, die Ihrem Unternehmen Kosten gespart haben und gleichzeitig Ihre persönliche Komfortzone negativ beeinflusst hatte? Beispiele: das neue Firmenfahrzeug ist sichtbar günstiger ausgefallen, die Sekretariatskapazitäten wurden reduziert, bei Geschäftsreisen tut es jetzt auch ein Hotel mit 1-2 Sternen weniger als sonst. Getreu dem Motto: lass für Dich gelten, was Du von anderen erwartest!


Wer Kultur verändern und entwickeln will, um sein Unternehmen zukunftsfähig und attraktiv zu halten, der braucht keine abstrakten Leitbildprozesse und seitenweise Leitbild-Beschreibungen. Der sollte v.a. Kultur vorleben!


Was darüber hinaus hilft, um Kultur im unternehmerischen Sinne schnell zu verändern und zu entwickeln? Definieren Sie 2-4 „kulturelle Alltagsphänomene“. Das sind typische und in Ihrem Unternehmen oft vorkommende Verhaltensweisen, die Sie gerne geändert hätten, weil Sie sich davon eine enorme unternehmerische Wirkung erhoffen. Beispiele für solche Alltagsphänomene könnten sein:

  • „Stoppt die Silo-Denke“

  • „Erst Neues ausprobieren, bevor es zerredet wird“

  • „Geschwindigkeit vor Perfektion“


Machen Sie allen Ihren Mitarbeitern bekannt, dass Sie genau an den von Ihnen ausgewählten, wenigen Alltagsphänomenen eine Kulturveränderung sehen wollen. Und beobachten Sie gemeinsam mit Ihren Führungskräften täglich und wöchentlich, wo sich das besagte Phänomen wieder negativ gezeigt hat. Schon durch das regelmäßige Beobachten und „drüber reden“ werden Sie feststellen, dass sich die Dinge schnell positiv entwickeln! Irgendwann fällt es dann keinem mehr auf, dass jeder sein Geschirr wegräumt. Nur noch den verblüfften Gästen.


 

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Ich freue mich auf unseren Austausch bzw. unser Wiedersehen.

Es grüßt Sie herzlich

Ihr Ulrich Thaidigsmann

www.thaidigsmann.de



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