6 logische Bankmanagement-Konsequenzen aufgrund der Zinsentwicklung
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6 logische Bankmanagement-Konsequenzen aufgrund der Zinsentwicklung

Negativzinsen werden in Kürze für Privatkunden zur Normalität werden. Denkt man die Auswirkungen einen Schritt weiter, stehen in den Banken nun einige Management-Entscheidungen an.

Hier kommen 6 Beispiele:


Konsequenz 1: Negativzinsen auf Bankeinlagen werden zeitnah auch im Privatkundengeschäft kommen, ob wir es wahrhaben wollen oder nicht.

Zunächst für Vermögen ab X00.000 €, später voraussichtlich auch darunter. Weil viele Banken sonst schlicht nicht überleben können. Wenn die ersten Banken damit in der Breite starten und deren Kundeneinlagen deshalb teilweise zu anderen Instituten wandern, werden andere Banken nachziehen (müssen). Die Verbandspräsidenten bereiten das schier Undenkbare kommunikativ bereits vor und schieben den schwarzen Peter vorsorglich schon mal zur EZB. Ich rechne bereits im Herbst mit einer Ankündigungswelle von Banken mit Umsetzungsbeginn zum 1.1.


Die überwiegende Mehrzahl aller Retail-Kunden hat deutlich weniger als 50.000 Euro freies, liquides Gesamtvermögen. Werden jetzt alle Kunden von besagtem totem Pferd absteigen und renditeträchtigere Wertpapiere kaufen? Vermutlich nicht! Der Kopf des Kunden sagt dazu zwar eher „ja“, der Bauch aber oft „nein“.


Folge: Es ist aus Renditegesichtspunkten ziemlich egal, ob ein Kunde sein sicherheitssuchendes Vermögen

  • auf dem Girokonto, Sparbuch oder Tagesgeld hortet und dafür ggf. bald ein kleines Verwahrentgelt bezahlt

  • in ein „langweiliges“ Wertpapier ohne Rendite mit Kursrisiken anlegt

  • als Bargeld im Schließfach oder unter der Matratze hortet

Das Anlage-Ergebnis ist immer dasselbe: Null bleibt Null bzw.

etwas weniger als Null. Darüber kann man sich als Kunde ärgern und dann risikoreichere Anlagen suchen. Oder es einfach akzeptieren. Viele Kunden werden letzteres tun und sich bald daran gewöhnt haben.


Weil sie zu wenig freies Vermögen haben und/oder schlicht das höhere Risiko und die Kapitalbindung alternativer Anlagen scheuen. Eigentlich unvorstellbar, diese Entwicklung. Aber sie wird „normal“ werden. Zum Vergleich: regt sich heute noch jemand auf, dass eine Sitzplatzreservierung bei der Deutschen Bahn nicht mehr kostenlos ist? Der Kunde wird sich auch mit Blick auf seine Bank an die neue Welt gewöhnen. In absoluten €-Beträgen gerechnet ist das „Verwahrentgelt“ (oder wie es auch immer heißen wird) für den einzelnen Kunden dann doch verkraftbar.


Konsequenz 2: Im Retailgeschäft nimmt der Beratungsbedarf des Kunden signifikant ab.

Dies gilt v.a. für die Beratungsthemen "Vorsorge" und "Vermögen". Denn Kunden, mit denen das Thema Wertpapier- und Fondsgeschäft einmal strukturiert besprochen wurde (was unbedingt erforderlich ist!), brauchen nicht alle paar Monate wieder zur Beratung eingeladen zu werden. Steigende Renten-/Versorgungslücken als Gegenargument hin oder her. Der Kunde sieht in solchen Zeiten wenig Sinn in häufigen Gesprächen zum Thema "Sparen". Und die Berater zunehmend auch nicht. Steuern Sie also Ihre Vertriebsschwerpunkte neu aus!


Wer glaubt, alle Kunden gegen deren Bauchgefühl jetzt in Wertpapiergeschäft „hineinberaten“ zu müssen, hat hoffentlich alles gut dokumentiert.


Am Rande erwähnt: die Beratungsthemen „Immobilienvorsorge“ und „Absicherung“ werden aus diesem Grund an Bedeutung (noch) weiter gewinnen. Worüber soll man sonst sprechen? Vielleicht über freiwillige Zuzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung.

Konsequenz 3: Wo es deutlich weniger Beratungsbedarf gibt, braucht es deutlich weniger Berater. Im Retailgeschäft werden neue Leerzeiten entstehen, die für Kosteneinsparungen genutzt werden können. Wenn man schon kein Personal für den geringeren Beratungsbedarf findet, können einige Stellen gleich ganz gestrichen werden.


Konsequenz 4: Budgets für Digitalisierungsprojekte werden unter Kunden- und Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen neu überprüft und priorisiert. Es gibt kein Platz mehr für digitale Spielereien und nice-to-have-Projekte, die keinen unmittelbaren Mehrwert für Kunde und Bank-G+V ergeben. Wichtig: Ein konkretes digitales Zielbild vor Augen bleibt die Basis für alle Digitalisierungs-Aktivitäten. Siehe dazu auch meinen ausführlichen Entscheider-Impuls Nr. 3 (hier kostenlos downloaden)


Konsequenz 5: Eine Renaissance des Edelmetall-Geschäfts als zusätzliche Ertragsquelle ist absehbar. Man beobachte nur die Goldpreis- und Silberpreis-Entwicklung der letzten Wochen. Es lohnt, dieses Geschäft systematisch(er) zu betreiben, denn es wird für eine breitere Kundenklientel eine Alternative. Fertige Umsetzungskonzepte von Banken stehen zum Einsatz bereit. Damit einher geht ein absehbarer Run auf Kunden-Schließfächer zur Verwahrung der Edelmetalle, aber auch von größeren Bargeldbeständen. Hoffentlich haben Sie vor Ort genügend freie Fächer im Angebot.

Konsequenz 6: Es braucht zusätzliche Zahlungsverkehrserträge! Intelligente und kundenorientierte Kontomodelle und -preise sind zu entwickeln, die mehr Einnahmen bei gleichzeitig zufrieden(er)en Kunden versprechen. Tiefergehende Gedanken dazu finden Sie in meinem letzten Blog-Beitrag. Traditionelle 0-Euro-Anbieter kippen derzeit reihenweise Ihre Strategie, aktuell z.B. die Fidor Bank, bei denen Kunden mit geringer Kontonutzung künftig 5 (!) statt 0 Euro monatlich bezahlen.


Weitere absehbare Konsequenzen durch die Zinsentwicklung, insbesondere auf der Kostenseite, erspare ich Ihnen an dieser Stelle. Ich will Sie ja nicht zutexten. Wenngleich das Sprichwort weiterhin gilt: „Zu Tode gespart ist auch gestorben!“


Fazit: Der Herbst wird spannend in den Bankmanagement-Etagen! Jetzt gilt es, Argumente auszutauschen und dann mutig und konsequent zu handeln und zu kommunizieren. Gerne begleite ich Sie als Sparringspartner bei Ihren strategischen Ãœberlegungen.


Herzliche Grüße

Ulrich Thaidigsmann

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